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Elsass - Insolvenz in Frankreich für Deutsche lohnend?

 
Wer von euch kennt sich mit dem Thema Insolvenz in Frankreich aus und möchte dazu ein paar Takte sagen? Ich habe gehört, dass es für Deutsche lohnend ist, Privatinsolvenz oder eine Firmeninsolvenz in Frankreich zu beantragen, stimmt das denn und wenn ja, woran liegt das?

Mich würden Zahlen und Fakten zur EU-Insolvenz in Frankreich bzw. dem Elsass interessieren, also Kosten, Dauer, Ablauf, und die Situation der Schulden, wenn man dann wieder zurück nach Deutschland möchte.
  
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Die EU Insolvenz in Frankreich ist ja immer mal wieder in aller Munde, allerdings sehen viele Schuldner dieses Thema zu blauäugig. Wann muss man in Insolvenz gehen? Richtig, wenn man zahlungsunfähig bzw. überschuldet ist, was bedeutet, dass man kein Geld mehr hat. Die Insolvenz im Elsass bzw. in Frankreich ist aber leider relativ kostspielig, je nachdem wie gut man französisch spricht und dementsprechend viele Behördengänge alleine durchführen kann, muss man mit bis zu 15.000 Euro an Kosten rechnen - ein französischer Anwalt ist zum Beispiel Pflicht! Unterschieden werden muss auch ganz klar zwischen der Firmeninsolvenz in Frankreich bzw. dem Elsaß und der Privatinsolvenz in Frankreich.

Privatinsolvenz/Verbraucherinsolvenz in Frankreich
Für die Privatinsolvenz (Rétablissement personnel) in Frankreich bestehen zwei Möglichkeiten: zum einen das normale Faillite civile, das quasi Gültigkeit in ganz Frankreich besitzt, worauf jedoch Schuldner bzw. Antragsteller keinen rechtlichen Anspruch haben, es entscheidet ein Insolvenzrichter. Attraktiver für Deutsche ist jedoch ein Sonderverfahren des Faillite civile innerhalb der Départments Moselle, Haut-Rhin und Bas-Rhin (Grenzdépartments), es ist das kurze Privatinsolvenz Verfahren.

Antragstellung
Der Antrag wird gestellt durch den Schuldner, die Gläubiger, das Gericht oder durch die Staatsanwaltschaft, und zwar beim Tribunal de Grande Instance, Chambre civile des Wohnsitzes des Schuldners (Landgericht). Dafür ist auf jeden Fall ein Anwalt notwendig. Die Voraussetzungen zur Eröffnung des Verfahrens sind die insolvabilité notoire (Zahlungsunfähigkeit), die bonne foi (Ehrlichkeit des Schuldners), und dass sich der tatsächliche Lebensmittelpunkt bzw. der Wohnsitz des Schuldners am Ort der Gerichtsbarkeit (Bezirk) befindet. Zur Zahlungsunfähigkeit (notorisch) ist zu sagen, dass diese vorliegt, wenn es sich um einen nicht rückgängig machenden Vermögens-Fall dreht, bei dem mit Besserung nicht mehr zu rechnen ist. Zum Lebensmittelpunkt (51% der Zeit wird dort verbracht, eine reine Briefkastenadresse reicht nicht!) ist zu sagen, dass dieser min. ein halbes Jahr bereits am Ort der Antragstellung bestehen muss (§ 1, Abs. 2 franz. Durchführungsordnung). Vor Eröffnung des Verfahrens bekommt der Schuldner oft Besuch von einem Gerichtsvollzieher, im Zuge dessen seine soziale und finanzielle Situation überprüft wird. Pfändungsgrenzen (die es nat. auch in Frankreich gibt) werden gemäß Code du Travail Art L. 145-1 ff und Code de la Sécurité Sociale Art L. 355-2 beachtet.

Wohnsitz/Lebensmittelpunkt im Elsass
Eine reine Briefkastenadresse im Elsass ist nicht ausreichend, es muss ein wirklicher Wohnsitz bestehen, dies wird auch überprüft. Dementsprechend ist es notwendig: einen Mietvertrag zu unterschreiben, Strom und ggf. Telefon bzw. Internet anzumelden, ein Bankkonto zu eröffnen. Außerdem muss man sich das so genannte Certificat de Domicile sowie die Dèclaration d`Arriveè zum Nachweis des Lebensmittelpunktes beschaffen.

Rechte der Gläubiger
Bei der Bedienung der Gläubiger gibt es eine festgelegte Reihenfolge, entsprechend dem Code de commerce Art 625-7ff & 643-1ff: An erster Stelle stehen ausstehende Gehälter bzw. Löhne (Créances super privilégiées ), danach kommen Kosten für das Insolvenzverfahren (Frais de justice), an dritter Stelle muss die Liquiditätszufuhr an Dritte (Apport en trésorerie) gewährleistet sein. Danach kommen Kosten für rechtliche Geschäfte nach der Verfahrens-Eröffnung (créances nées après l'ouverture), die Bedienung von Pfand-Gläubigern, dem Finanzamt und den Sozialkassen (Créances privilégiées), die Grundpfandrecht Gläubiger (Créances hypothécaires) und zuletzt die einfachen Insolvenz Gläubiger (Créances chirographaires). Achtung bei Bürgschaften: hier muss der Gläubiger auf jeden Fall innerhalb des Insolvenz-Verfahrens die Forderung anmelden, denn sonst erlischt auch die Forderung gegenüber dem eingetragenen Bürgen. Zu den Fristen der Anmeldung der Forderungen der Gläubiger ist zu sagen, dass Gläubiger aus Deutschland in Frankreich vier Monate Zeit haben, und zwar ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung der Verfahrens-Eröffnung (Veröffentlichung im BODACC [amtliches Veröffentlichungsblatt] & regionales Veröffentlichungsblatt). Es bestehen keine Mindesquoten, was die Bedienung der Forderungen angeht, sie werden im Verhältnis befriedigt (au marc le franc de leurs créances).

Verfahrensdauer
Die Dauer des Verfahrens ist unterschiedlich und wird gemäß Code de commerce, Art 643-9 innerhalb des Eröffnungsurteils festgelegt. Für den Insolvenzverwalter bleiben zwei Monate, um bezüglich der angemeldeten Forderungen einen Vorschlag zur Anerkennung vorzubereiten und zu unterbreiten. Im so genannten Verzeichnis über Verbraucherinsolvenzen wird das Verfahren für acht Jahre festgehalten, es folgt kein Eintrag im casier judiciaire (Zentralregister).

Restschuldbefreiung
Es gibt bei dieser Version des Faillite civile keine anschließende Wohlverhaltensphase, so wie in Deutschland (6 Jahre), die Restschuldbefreiung geschieht am Ende des Insolvenzverfahrens gemäß Code de commerce, Art 643-11 automatisch, Vollstreckungen usw. können nicht mehr geltend gemacht werden. Davon ausgenommene sind alleridngs gewisse Forderungen, und zwar Verpflichtungen zur Unterhaltszahlung, Geldstrafen, Forderungen eines Sekundärinsolvenzverfahrens, so genannte "fraude" (Handlungen, betrügerische) gegenüber Gläubigern und Rückgriffs-Ansprüche von Bürgen bzw. Gesamtschuldnern. Verlegt nach Ende des Insolvenzverfahrens der ehemalige Schuldner wieder seinen Wohnsitz nach Deutschland, so besteht die Restschuldbefreiung trotzdem weiterhin.

Kosten für das Verfahren
Zunächst einmal fallen keine Gerichtskosten an. Der Gerichtsvollzieher aber verursacht Kosten und auch die Veröffentlichung des Verfahrens gemäß Code de commerce, Art 663-1. Die nachfolgenden Personen erhalten eine pauschale Vergütung (2735,- € inkl. MwSt.), zusätzlich zu einer Summe, die abhängig ist von der Höhe der geprüften bzw. eingetriebenen Forderungen gegenüber dem Schuldner: der liquidateur judiciaire, der administrateur und der mandataire judiciaire (8205,- € +). Hinzu kommen dann noch die Anwaltskosten für den Schuldner (nicht festsetzungsfähige Kosten und festsetzungsfähige [Gebührenordnung] Kosten). Prozesskostenhilfe kann ggf. beantragt werden.
  
FeWo
 
 
 
Mit dem Insolvenzrecht in Frankreich kenne ich mich nicht aus, aber mich würde mal interessieren, seit wann man sich das Land für ein Insolvenzverfahren nach seinem eigenen Gutdünken aussuchen kann? Rein von meinem Gefühl her, würde ich ja sagen, man muss die Insolvenz auch in dem Land beantragen wo man ansässig und steuerpflichtig ist. Oder habe ich da etwas verpasst? Aber so wirklich logisch klingt das Ganze für mich nicht, weil sonst würde sich ja jeder ein Land aussuchen wo die Hürden einer Insolvenz am niedrigsten und das Verfahren am einfachsten ist.
  
zwilling
 
 
 
   
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